Obwohl sich einige unserer Mitglieder sicherlich an den Protesten gegen den G20-Gipfel in Hamburg beteiligen werden, haben wir als FAU Hamburg nicht zu den Protesten aufgerufen. Dies hat vor allem zwei Gründe:
Zum einen stehen wir den seit 1999 in regelmäßigen Abständen stattfindenden Gipfelprotesten grundlegend kritisch gegenüber. Das unmittelbare Kernstück der syndikalistischen Praxis ist die Direkte Aktion. Dieses Konzept hat den Anspruch nicht zu den vermeintlich Herrschenden zu laufen und dort um eine Verbesserung unserer Lebensumstände zu betteln. Nichts anderes ist aber der Protest bei solchen Gipfeln, egal wie militant er ausfällt.
Im besten Fall wird – unter hohem persönlichem Risiko für die Aktivist_innen und hohem finanziellen Aufwand für die aufrufenden Organisationen – der Gipfel unterbrochen und an anderer Stelle fortgesetzt. Eine konkrete Verbesserung für uns Lohnabhängige wird dadurch nicht erkämpft. Die Direkte Aktion sieht aber eben dies vor.
Im allgemein politischen Leben kann dies heißen, Nazis aus den Stadtteilen zu vertreiben, Zwangsräumungen zu verhindern oder vielleicht einfach, die Spielgeräte auf dem nächsten Spielplatz auszubessern.
Im Betrieb können durch Direkte Aktionen die Arbeitsgeschwindigkeit gedrosselt oder Abläufe für die Beschäftigten erleichtert werden, und durch den konkreten Arbeitskampf – mit dem Streik als stärkster Direkter Aktion – können die Arbeitgeber_innen zu Eingeständnissen gezwungen werden. Dies erfordert allerdings mehr als ein abenteuerreiches Demo-Wochenende. Es erfordert kontinuierliche Arbeit in unserem direkten Lebensumfeld; wobei sich die FAU als international agierende Gewerkschaft mit Kämpfen weltweit solidarisch zeigt.
Zum anderen gefällt uns die von den meisten Organisationen vorgetragene Kritik am G20-Gipfel nicht. Zwar treffen sich dort mit Putin, Erdogan, Trump u.a. autoritäre Menschenfeinde, gegen die es sich eigentlich immer zu demonstrieren lohnt, aber die Rhetorik vom Treffen der Herrscher der Welt, die Ränke schmieden, um das arme Volk auszubeuten, ist uns zutiefst zuwider.
Einerseits zeigen die letzten Verwerfungen zwischen EU und Erdogan oder Trump und allen anderen, dass die vermeintlich Herrschenden gar nicht so homogen sind, wie gewisse Gipfelgegner_innen dies gerne hätten. Andererseits zeigen die Wahlergebnisse von Trump und Erdogan, dass das sogenannte Volk eben nicht so unschuldig ist.
Der Kapitalismus ist ein komplexes System, welches jeden Tag von uns allen reproduziert wird, egal ob Manager_in, Dönerbudenbesitzer_in, verbeamtet oder lohnabhängig. Wir alle sind gefangen in den Zwängen aus Profit und Konkurrenz. Jede_r ist Täter_in, jede_r ist Opfer. Die Vorstellung, eine kleine Gruppe von Akteur_innen beherrsche die Welt, ist nicht nur veraltet, sondern bietet unangenehmste Anknüpfungspunkte für Verschwörungstheorien und Antisemitismus – kein Wunder, dass neue und alte Rechte den Kapitalismus ebenso erklären.
Unser Ziel ist es nicht einzelne Köpfe in den Mittelpunkt zu rücken, sondern jegliche Herrschaft des Menschen über den Menschen zu beenden, den Kapitalismus als Ganzes durch ein solidarisches Miteinander zu ersetzen.
Wir gehen davon aus, dass viele der Demonstrant_innen, die nach Hamburg kommen werden, hier sind um für eine Verbesserung der Lebensverhältnisse für alle einzutreten. Auch wenn sie dafür unserer Meinung nach die falsche Form wählen, zeigen wir uns mit diesen selbstverständlich solidarisch. Außerdem sind wir gespannt darauf viele Genoss_innen aus aller Welt kennenzulernen.
Daher ist unser Zentrum die Schwarze Katze von Dienstag 04.07. bis Sonntag 09.07. von 10 bis 23 Uhr als Treffpunkt und notfalls Rückzugsort geöffnet. Es werden warme und kalte Getränke bereitstehen, sowie Essen solange der Vorrat reicht. Handys können aufgeladen und die neusten Infos abgefragt werden.
Libertäres Kultur- und Aktionszentrum ‚Schwarze Katze‘
Fettstraße 23
20357 Hamburg