COVID-19-Krise: Kollektiviert eure Betriebe jetzt!

Bund und Länder sowie die meisten Regierungen der europäischen Länder haben finanzielle Hilfen versprochen für Betriebe, die aufgrund der Corona-Krise in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten. Man wird sehen, was daraus wird und wann und wie viel tatsächlich unten ankommt.

Sollte euer Betrieb dennoch in die Insolvenz gehen, solltet ihr als Belegschaft überlegen, ob ihr nicht euren Betrieb übernehmen wollt. Die Insolvenz ist eine günstige Gelegenheit dafür, insbesondere dann, wenn noch Gehaltszahlungen ausstehen. Denn erstens sind Betriebe in Insolvenz in der Regel ‚preiswert‘ (man könnte auch sagen: unterbewertet). Zweitens seid ihr als Belegschaft in diesem Fall selbst eine vorrangige Gläubigerin des insolventen Betriebs und habt somit eine gewichtige Stimme im Insolvenzverfahren. Hinzu kommt, dass die Insolvenzverwalter_innen gehalten sind, möglichst viele Arbeitsplätze zu erhalten. Ein Szenario könnte sein: Die Belegschaft steigt als neue Eigentümerin in den Betrieb ein und verzichtet als Gegenleistung auf die ausstehenden Lohnzahlungen. Dann braucht es noch etwas Startkapital (Direktkredite von Familie/Freunden, Existenzgründungskredit der KfW, Crowdfunding, etc.), um andere Gläubiger_innen abzufinden und den Betrieb wieder flott zu machen.

Natürlich gibt es noch unzählige andere Wege, wie eine Belegschaft ihren Betrieb übernehmen kann, dies ist nur ein Beispiel. Auch wenn der Betrieb noch nicht insolvent, aber in finanziellen Nöten ist, lohnt sich ein Gespräch mit der Chefin. Viele Eigentümer_innen, insbesondere von Kleinbetrieben, sind in einer solchen Situation gar nicht abgeneigt, die Verantwortung zu teilen und neue Leute mit ins Boot zu nehmen, die u.U. auch noch etwas Geld beschaffen können. In dieser Situation kommt es darauf an, dass von Anfang an die gleichberechtigte Partizipation aller Eigentümer_innen rechtsverbindlich festgelegt wird und geeignete innerbetriebliche Verfahren und Strukturen für die kollektive Entscheidungsfindung entwickelt werden. Ansonsten geht es normalerweise einfach weiter wie bisher.

Lasst euch beraten. Sucht euch eine Anwältin oder einen Anwalt mit Erfahrungen im Insolvenz- bzw. Gesellschaftsrecht, um euch als Belegschaft beraten und vertreten zu lassen. Ein erstes Sondierungsgespräch sollte in jedem Fall kostenlos sein. Gerne könnt ihr euch auch an die FAU-Hamburg wenden, wir beraten und unterstützen euch bei organisatorischen, finanziellen und rechtlichen Fragen im Zusammenhang mit der (Neu-)Gründung eures Kollektivbetriebs und vermitteln ggf. kompetente Anwältinnen oder Anwälte.

Wer genauer wissen möchte, was sich die FAU-Hamburg unter einem Kollektivbetrieb vorstellt und wozu das gut sein soll, sollte sich unser Positionspapier ansehen: https://hamburg.fau.org/…/Positionspapier-Kollektivbetriebe…

Kontakt: fauhh-kollektive@fau.org

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